Cap. II. Consonantiamus. . 365
letzteren zur stimmhaften (got. ff). Diese Verschiedenheit der
germanischen Tennis Verschiebung, je nachdem ihr der vorger-
mamsehe Iotas voranging oder folgte, ist allgemeines Gesetz und
als solches besonders wichtig für Flexion und Wortbildung» Denn
da der vorgermanische Accent noch an keine bestimmte Silbe im
Worte gebunden war, so können solche germanischen Wortstämme
bald auf stimmlosen bald auf stimmhaften Spiranten auslauten.

So trägt in der Conjugation nach indogermanischer Kegel
im praes. und sing, praet, die Stammsilbe den Ictus, im übrigen
praet. die Endung, und hierauf beruht z. B. noch ein nhd. Unter-
schied wie ziehen — sogen; dasGotische hat diesen „grammatischen
Wechsel" so gut wie ganz beseitigt und meist die erste der beiden
Lautstufen für die ganze Flexion verallgemeinert: daher z. B,
gegenüber ahd. siofoan zöfa — swgwm gitsogan gleichmäszig got.
tiufaan td-uh ta/uhwm tauhans. Letzte lebendige fieste dieses
ehemals allgemeinen Wechsels zeigen sich im Gotischen nur bei
den Praeteritopraesentien þarf— þaurbum 'bedürfen' und ath —
aigum
'haben5; ein erstarrter Best ist das nur noch als Ad-
jectivum gefühlte fulffins Verborgen', ursprünglich part, praet.
zu filhan, das statt dessen die mechanische ^Neubildung fulhans
als part, erhielt.

In der Wortbildung ist dieser alte Unterschied besser be-
wahrt, vgl. alþeis 'alt' — aids 'Alter', fraßjan Verstehen' —-
frodei 'Verstand,', frawa/irþan Verdorben werden' — frawardjan
Verderben', Uußareis 'Sänger' — awiliudon 'preisen', ffasopjan<
'sättigen' — sada 'satte', nauþs '.Not' — naudibandi 'Zwangs-
fessel', sinps 'Weg' —^ sandjan 'senden*, wulßus 'Herlichkeit' —
waldufni 'Herschaft'; taihun 'zehn' — tigus '-zig', faheþs
'Freude' — faginon 'sich freuen', weihan 'kämpfen' — wigans
'Krieg', Jiauhs 'hoch' — hugs 'hohe Gesinnung', juhisa 'jünger' —
juffgs 'jung', "huJirus 'Hunger' — Jvuggrjan 'hungern'. Ebenso
in der Saffixbildung, z. B. meriþa 'Gerücht' — aufida 'Wüste',
gabaurjofus 'Lust' — wratodtis 'Reise', Ttitnþa 'kannte' —
namda 'meicte', stainahs ^steinig' — modags 'zornig', farihs
'ungewalkt' — gabigs 'reich'.

Anna, l. Der gleiche Wechsel bestand zwischen s und z (z. B,
agisis cder Ärclrf — "hati»ls 'des Hasses*), sowie zwischen hw und *®
(z. B. saihwan 'sehen" siwns '€resich.t').

Anm. 2. Der ursprüngliche Grund solches oonsonantiselien Wechsels
ist also der gleiche, wie der des Toealisehen Wechsels im AHaut § 32 ff.,
weshalb manche der dortigen Paradigmen hier wiederkehren.

ft, ht, ss (st).
(Wilmanns l, 22.)
§ 78. Schon in § 57 Anin. 3 war darauf hingewiesen
-worden, dass, das f z. B. im nom. Uaifs 'Brot' oder ace. Maif

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